Harveys Store Kudamm 56

Harveys ist mehr als ein Modegeschäft

Es ist ein Salon, in dem Frieder Böhnisch, der Impresario, seine Gäste mit exzeptioneller Kleidung ausstattet – und das seit Mitte der Siebzigerjahre. Harveys ist die Konstante auf dem Kurfürstendamm, hat alle Trends überdauert, weil Böhnisch sich nicht hat treiben lassen, ganz bei sich geblieben ist, unbeirrbar, mit seinem untrüglichen Gespür für Stil. Böhnisch sagt: „Das ist halt Gefühlssache.“ Und: „Das ist eine Sacher der Erfahrung.“ Hier geht es einerseits um Verlässlichkeit, um Vertrauen, andererseits um Extravaganz, um Nachhaltigkeit. Harveys ist anders. Es gibt in Berlin nichts Vergleichbares.

Harveys Berlin Inhaber Frieder Böhnisch

1976 entschied sich Böhnisch dazu, es auf eigene Faust zu versuchen.

Für große Modeunternehmen hatte er zuvor selbst als Designer Kollektionen entworfen, später auch für Modegeschäfte den Einkauf verantwortet. Seine Überzeugung: „Was ich für die mache, kann ich auch selbst machen.“

Harveys Knesebeckstraße Berlin 1976
Harveys Knesebeckstraße Berlin 1976

Er brachte die Mode des österreichisch-französischen Designers Thierry Mugler nach Berlin. Er wagte in seiner eleganten Boutique in der Knesebeckstraße die Avantgarde von Jean-Charles de Castelbajac oder Jean Paul Gaultier.

Mitte der Achtzigerjahre kamen „die Japaner“ dazu

Schließlich kamen Mitte der Achtzigerjahre auch noch „die Japaner“ dazu, wie Böhnisch sagt, der famose Issey Miyake mit seiner Innovationskraft, der genialische Yohji Yamamoto mit seiner zeitlosen Eleganz oder Rei Kawakubo, die über ihr Label Comme des Garçons ihre Ungeniertheit zum Ausdruck brachte. Böhnisch war sich bewusst, dass er bei der Auswahl der Designer über die Saison hinausdenken musste, um auf Dauer erfolgreich sein zu können. So gibt es immer wieder Sammler, die wegen Comme-des-Garçons-Klassiker bei ihm vorstellig und schließlich auch fündig werden.

Issey Miyake 1992
harveys yohji yamamoto 1991
harveys Kenzo 1988

1990 geriet Böhnisch allerdings in eine Verlegenheit.

Die Mauer war gefallen. Die City West war out. Doch ein Umzug kam für Böhnisch letztlich nicht in Frage...

Harveys Berlin Inhaber Frieder Böhnisch

 „Wenn sie was brauchen, dann kommen sie schon“, so Böhnisch.

Er blieb im Westen der Stadt, wohlwissend, dass sein Publikum infolge der gesteigerten Mobilität inzwischen zum großen Teil auch ein internationales war. Böhnisch sagt: „Mir ist halt wichtig, dass die Leute wissen, wo sie es bekommen.“ Gleichwohl nutzte er die Chance, um sich räumlich zu verändern, von der Knesebeckstraße direkt auf den Kurfürstendamm. 

Harveys Store Berlin Kudamm 186
Harveys Store Berlin Kudamm 186

„Belgischen Modewunder“

Sein Portfolio erweiterte er in diesen Tagen um einige Vertreter aus dem sogenannten „belgischen Modewunder“ wie Martin Margiela oder Dirk Bikkembergs.

Harveys Berlin Kudamm 54

2002 wechselte Böhnisch schließlich auf dem Ku’damm die Seiten, Nr. 56 statt Nr. 186, 

beließ dabei Bewährtes im Programm, setzte von dort aus aber auch die unentwegte Suche nach dem Ungewöhnlichen fort. So führt er als Einziger in Deutschland seit geraumer Zeit die Frauen- und Männer-Kollektionen von Elena Dawson und Paul Harnden, was er im Umkehrschluss als Auszeichnung werten darf, da beide Designer sich aus Prinzip die Freiheit zur Wahl ihrer Händler nehmen. So kann er sich aber auch immer wieder für junge Könner begeistern, beispielsweise für den New Yorker Hutmacher Rodney Patterson.

 

 

 

Böhnisch ist Archivar und Entdecker des Besonderen, ein Unikat. Doch bei allem gilt die für ihn eherne Regel: „Man will ja kein Zirkuspferd sein, es muss immer noch tragbar sein.“